Berlin ist immer noch eine Reise wert
Protokoll eines Hauptstadt-Besuches von Hans Zaremba
Mit dem Slogan „Berlin ist eine Reise wert“ warb die Stadt an der Spree vornehmlich in den 1950er und 1960er Jahren, um in der heftigsten Phase des „kalten Krieges“ Touristen in die damals geteilte Metropole an der Nahtstelle zwischen der Nato und dem Warschauer Pakt zu locken. Auch knapp drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall hat dieses Motto für die Anziehungskraft von Berlin nichts verloren. Davon konnten sich jetzt jene Gäste aus der heimischen Region einen eigenen Eindruck verschaffen, die auf Einladung des Bundestagsabgeordneten aus Soest, Wolfgang Hellmich (SPD), für drei Tage in die deutsche Hauptstadt gereist waren.
Momentaufnahme aus Berlin: Zum Gruppenbild vor der Reichstagskuppel formierte sich die vom Bundestagsabgeordneten Wolfgang Hellmich in die Hauptstadt eingeladene Reisegruppe aus seinem Soester Wahlkreis und dem Hochstift Paderborn.
Geschichte der Hauptstadt
Neben etlichen Erläuterungen zur aktuellen Bundespolitik – mit den Abläufen im Bundestag und den Aufgaben des Verteidigungsministeriums – gab es während der durch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA) organisierten Visite für die Gruppe aus dem Kreis Soest und benachbarten Hochstift Paderborn viele reizvolle Aspekte der faszinierenden Großstadt zu entdecken. Sie wurden den Reiseteilnehmern mit einer Stadtrundfahrt – orientiert an den politischen Gesichtspunkten der inzwischen 3,5 Millionen Einwohner umfassenden Stadt – durch den vom BPA gestellten Reisebegleiter Olav Hiller anschaulich vermittelt. Mit der Bustour wurden sowohl Informationen über die bewegte Berliner Historie – von der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1237 über die Zerstörung der Stadt infolge des Zweiten Weltkrieges mit der Entwicklung nach 1945 bis zur Wiedervereinigung im Jahr 1990 – als auch Erklärungen zur kulturellen Bedeutung Berlins – mit seiner vielfältigen Museumslandschaft und seinen Theatern – und ihren wiederkehrenden Messen von der Grünen Woche bis zur Internationalen Funkausstellung präsentiert. Ebenso gehörten Kenntnisse zur kommunalen Selbstverwaltung in der Millionenstadt, die in den seit 2001 bestehenden 12 Bezirken mit Einwohnerzahlen in der Größe von Landkreisen und in der Regie eigener Bürgermeister ausgeübt wird, zu den zahllosen Auskünften. Die bemerkenswerte Exkursion reichte vom Olympiastadion im Westen bis zu der in den 1950er Jahren entstandenen dominanten Magistrale mit der Prachtstraße „Stalinallee“, heute Frankfurter Straße und Frankfurter Allee, in Friedrichshain im Osten von Berlin.
Momentaufnahme aus dem Bundestag: Aufmerksame Zuhörer der Ausführungen von Volker Wagner von links nach rechts Karl-Heinz Tiemann, Gerhard Mischer, Hans Zaremba und Josef Pottmeier.
Aufgaben des Bundestages
Mehr über die Funktionen des seit dem 1. September 1999 in Berlin tagenden Bundesparlaments unterbreitete Volker Wagner vom Besucherdienst des Bundestages. Das Spektrum seines Vortrags erstreckte sich vom Aufbau des Parlaments mit seinem Präsidenten und Schriftführern über die Bildung von Fraktionen mit ihren Kontrollfunktionen bis zum Zusammenwirken von Bundestag und Bundesrat beim Gesetzgebungsverfahren. Auch die Hausordnung mit dem Verhaltenskodex, die zu Beginn jeder Wahlperiode von den Abgeordneten verabschiedet wird, sprach der von der Verwaltung im Reichstag für die Unterrichtung der Gäste des Bundestages beorderte Mitarbeiter an. Es seien ‚Ruhe und Ordnung zu wahren‘, stehe darin allerdings nur kurz und knapp. Und dass man ‚die Würde des Hauses zu achten‘ habe. Eine fest geschriebene Kleiderordnung für den Bundestag gebe es nicht, auch wenn eine Abgeordnete in einem Fußballtrikot schon mal um Zurückhaltung ihrer Präferenz für den von ihr verehrten Verein gebeten worden sei. Der Referent auf der Empore des Reichstagsgebäudes verstand es, eine eher trockene Materie den ihm anvertrauten 50 Frauen und Männern unterhaltsam näherzubringen. Eine knappe Stunde Einzelheiten über das hohe Haus verständlich und in komprimierter Form zu erklären, ist nicht jedem gegeben. Der Beifall, den der Mann mit dem Berliner Zungenschlag aus der Bundestagsverwaltung erhielt, gab ihm recht, zu den unterschiedlichsten Begriffen der Legislative die passenden Worte gefunden zu haben.
Blick in das Wehrressort
Informativ war auch der Termin im Bundesministerium für die deutsche Landesverteidigung. Hier stand den Gästen des Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich, mit dem Hauptmann der Luftwaffe, Tim Schönowsky, ein junger Presseoffizier für Auskünfte und Fragen zur Verfügung. Seine Ausführungen begannen mit der Geschichte über den Bendlerblock – dem Berliner Dienstsitz des Wehrressorts – der neben der Hardthöhe in Bonn den zentralen Führungsbereich um die augenblickliche Ministerin Ursula von der Leyen beherbergt. Die Darlegungen des Offiziers erstreckten sich darüber hinaus von der wechselvollen Vergangenheit der Bundeswehr in der Bonner Republik über die Integration der Nationalen Volksarmee der einstigen DDR in die Bundeswehr als Folge der staatlichen Wiedervereinigung Deutschlands im Herbst 1990 bis zu den aktuellen Auslandsmissionen der deutschen Wehrangehörigen aufgrund der Europäischen Union, Vereinten Nationen und Nato verfügten weltweiten Einsätze der Bundeswehr. Viele Zahlen bestimmten den Power-Point-Vortrag des jungen Zeitsoldaten. So auch zur Personalentwicklung, die sich derzeit auf rund 185.000 Personen belaufe und bis 2025 auf 203.000 Frauen und Männer anwachsen solle. Bei der Gewinnung von Nachwuchsleuten für die Bundeswehr wirke sich gleichfalls der auch in anderen Berufen festzustellende Fachkräftemangel aus. Mit einem Gang zum Ehrenmal der Bundeswehr, mit dem der Soldaten und zivilen Bediensteten gedacht wird, die in Ausübung ihrer Dienstpflichten für die Bundesrepublik Deutschland ihr Leben verloren haben, endete das Programm auf dem Areal des Verteidigungsministeriums in Berlin.
Politische Ausstellung
Abgerundet wurde die aufschlussreiche Reise in die Bundeshauptstadt mit einer Betrachtung der parlamentshistorischen Ausstellung „Wege – Irrwege – Umwege“ des Deutschen Bundestages im Deutschen Dom. Die Präsentation der Entwicklung der Demokratie war einst im Reichstag untergebracht. Nach der Wiederaufnahme des Parlamentsalltags im Herbst 1999 zog die Sammlung vom Platz der Republik an den Gendarmenmarkt um. Auf fünf Etagen wird hier den Besucherinnen und Besuchern die Entwicklung des liberalen und parlamentarischen Systems in Deutschland nähergebracht. Die Galerie widmet sich vorrangig jenen Epochen, in denen die wesentlichen Grundlagen für die politische Ordnung der Bundesrepublik gelegt worden sind. Parlamentarische Entscheidungsprozesse und Konflikte sind hier genauso nachgezeichnet worden wie die Funktionen und Arbeitsweisen der Volksvertretungen. Dargestellt sind obendrein auch die Entstehung, Entwicklung und Arbeit der politischen Parteien in Deutschland.
Begleiteten die Gruppe aus dem Kreis Soest und dem Hochstift Paderborn: Manuela Gamann (links) und Leonie Stotz aus dem Büro des Abgeordneten Wolfgang Hellmich
Hans Zaremba