Die Ereignisse um die Präsidentschaftswahl in Afghanistan sind schon bemerkenswert; vor allem für uns Westeuropäer aus einer gefestigten Demokratie. Für viele Afghanen dagegen, dass zeigten auch unsere Gespräche, sind viele Vorkommnisse (wie zu viele Wahlzettel) keineswegs besonders besorgniserregend. In einem Land, in dem die Menschen Korruption im Alltag sowie bis in die höchsten Spitzen des Staates und der Armee gewöhnt sind, ist derartiges keine Überraschung. Für sie standen nicht prozessuale Fragen sondern Fragen des alltäglichen Überlebens im Vordergrund. Die Erwartungen an den Präsidenten Ghani sind klar: Korruption bekämpfen, für eine stärkere Wirtschaft mit mehr Arbeitsplätzen sorgen und – mit höchster Priorität – Sicherheit im Land schaffen!

Hier ist nicht der Raum, die Lebensverhältnisse in Afghanistan umfassend zu erklären. Ein Land, das zu den 15 ärmsten Ländern der Erde gehört, 60 Prozent Analphabeten, nur 25% sind an Strom und Wasserversorgung wie Entsorgung angeschlossen, 50 Prozent aller Afghanen sind jünger als 35 Jahre – diese Zahlen sprechen für sich. Es steht auf der Kippe, in welche Richtung sich Afghanistan entwickelt. Fakt ist auch, es steht viel besser um das Land als vor 13 Jahren, als der ISAF-Einsatz begann. Einige Daten dazu: Die Lebenserwartung ist von 41,8 auf 60 Jahre, der Zugang zu medizinischer Versorgung ist von 3 Prozent auf 60 Prozent gestiegen Die Kindersterblichkeit ist von 17 auf 12,4 Prozent gesunken, die Alphabetisierung der unter 15jährigen ist von 38 auf 94 Prozent gewachsen, der Schulbesuch ist von 2,4  Mio. auf 8,7 Mio. Kinder angestiegen, bei Mädchen von 70.000 auf 3.3 Mio. Vor allem im Norden, dort wo die Bundeswehr die Verantwortung trug, ist es gelungen den Zugang zu den Medien wie auch den Ausbau der Infrastruktur voranzubringen. Die Ergebnisse können sich, so finde ich, sehen lassen.

Aber nun zum Ablauf der fünftägigen Reise:

Tag 1, Dienstag, 28.10.2014

Die Anfahrt nach Köln-Wahn leidet unter dem üblichen Übel der Region: Stau auf der Autobahn am Kreuz Leverkusen. Aber dies ist eingeplant, sodass ich es noch rechtzeitig in das Flugzeug der Bundeswehr schaffe. Mit uns fliegen ca. 100 Soldatinnen und Soldaten, die ihren viermonatigen Dienst in Afghanistan antreten, unsere Personenschützer sowie die Band „Emsperlen“, die im Rahmen der Truppenbetreuung Auftritte absolvieren werden, übrigens ohne Gage – ein ehrenamtlicher Beitrag für unsere Soldatinnen und Soldaten in Mazar-e-Scharif, kurz MES. Kurz nach dem Start ein ganz neuer Anblick auf den heimischen Kreis Soest – die Route führt uns über den Möhnesee, Erwitte und Geseke nach Osten, da wir die Route über die Ukraine nicht nehmen können. Auch Soest, Bad Sassendorf und Lippstadt sind gut zu sehen. Der Kurs führt uns über Polen, Russland, über Usbekistan nach Afghanistan. Nach 6,5 Stunden Flug und 3 Stunden Zeitverschiebung kommen wir gegen 23:00 Uhr Ortszeit in MES an. Bei der Landung heißt es Licht aus und Sonnenblenden runter – wir wollen ja nicht gesehen werden. Nach einer kurzen Begrüßung durch Brigadegeneral Gante (übrigens als zuvor kommandierender General des Panzerbataillons in ostwestfälischen Augustdorf kein Unbekannter) und einer kurzen Lageeinführung legen wir uns aufs Ohr. Was mir zu diesem Zeitpunkt schon auffiel: Die Rückführung des Materials des bald endenden ISAF-Einsatzes ist fast abgeschlossen. Was im letzten Jahr noch dicht mit Containern und Geräten aller Art belegt war, ist jetzt Freifläche mit Staub und Schotter.

Tag 2, Mittwoch, 29.10.2014

7:00 Uhr: Boarding. Es geht mit der guten alten C160 – Transall nach Kabul. Erst einmal gibt es aber Probleme – die Sensorik der Selbstschutzanlage des Fliegers ist vom Staub beeinträchtigt. Also eine Stunde warten. Während der Wartezeit diskutieren wir mit dem Kommodore des Geschwaders über die Luftbeweglichkeit. Die vier Transall werden bald zurückverlegt. Es wird wohl der letzte Flug von MES nach Kabul sein.

Eingepackt mit Helm und Schutzweste fühlt man sich schon etwas eigenartig. Aber das Thema Sicherheitsgefährdung hat uns recht deutlich gemacht, dass dieser Schutz nötig ist. Wir werden in den nächsten Tagen, bei jedem Weg außerhalb des Lagers in MES, diese Ausrüstung wie eine zweite Haut anlegen.

Dann kamen die ersten Eindrücke dieser sehr orientalischen Stadt. Mit einem Transportzug – jeder von uns wurde in ein geschütztes Fahrzeug inkl. des Personenschutzes (Close Protection Teams) gesetzt – ging es in einem zügigen Tempo zur Botschaft. Die Devise heißt: Immer in Bewegung bleiben. Jeder stehende Konvoi kann zum Ziel von Anschlägen werden. So geht es bei jeder Fahrt in den nächsten Tagen – ob durch die Stadt oder das wüstenartige Gelände um das Camp Marmal. Es kommt doch ein etwas mulmiges Gefühl auf, zumal wir erst gerade vom Anschlag auf die Staatsanwaltschaft und den Minen auf der Straße vom Flughafen zur Botschaft gehört hatten. Bevor man auf das jeweilige Gelände von diversen Gebäude fahren darf, gibt es immer einen intensiven Sicherheitscheck der Fahrzeuge in der Einlassschleuse. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass in letzter Zeit vermehrt Anschläge mit Haftminen begangen werden. Also wer weiß, was alles unter einem Fahrzeug haftet?

Nach einem ersten Briefing in der Botschaft geht es weiter zum Präsidentenpalast. Der stellvertretende nationale Sicherheitsberater, Ibrahim Qasimi, stand zum Gespräch zur Verfügung. Eine interessante Konstruktion: Der neue Präsident Ghani bildet Beraterkreise während die Ministerien zu 50 Prozent an Abdullah Abdullah, den Konkurrenten Ghanis und jetzigem Premier in der Regierung der nationalen Einheit gehen. Die Beraterkreise sind für die großen Linien der Politik zuständig, die Ministerien für die Administration. Dem Gespräch schließt sich nach einer kurzen Fahrt eine Runde mit dem Vize-Verteidigungsminister Inayatullah Nazari an. Sowohl Qasimi als auch Nazari bedankten sich für das deutsche Engagement in Afghanistan und heben dessen positive Wirkung im Norden des Landes hervor. Beide Gesprächspartner wiesen auch auf die Bedeutung Pakistans hin. Tatsächlich sind lange Zeit Ressourcen für die Taliban von dort gekommen. Das Verhältnis zu Pakistan ist angespannt. Allerdings bemüht sich auch hier Präsident Ghani um bessere Kontakte. Letztlich spielt der Grenzraum auch für den Drogenschmuggel über Pakistan in die westlichen Länder eine große Rolle. Zudem werden über die Drogenkartelle weitere kriminelle Strukturen finanziert. Oft ist darüber hinaus die Grenze zwischen kriminellen Aktivitäten und den Handlungen der Taliban nicht eindeutig zu ziehen. Auf dem „Wunschzettel“ der afghanischen Partner stehen schweres Gerät zur Minenräumung wie auch schwere Waffen. Aber auch dort hören wir an anderer Stelle, dass schweres Minenräumgerät vorhanden ist und nur aus dem Depot in Kabul in die Nordregion verlegt werden müsste. Auch an der Ausbildung der Bedienungsmannschaften wird gearbeitet.

Im ISAF-Hauptquartier geben uns Brigadegeneral Bartscher (Deputy Senior Advisor General Staff) und sein Team einen Überblick über die geplante NATO-geführte Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmission (Resolute Support Mission, RSM). Die Fähigkeiten der afghanischen  Sicherheitskräfte werden positiv bewertet. Der stellvertretende ISAF-Kommandeur (DCOM-ISAF) Generalleutnant Jacobson weist auf den schwierigen Umstand hin, dass die afghanischen Sicherheitskräfte hohe Verluste zu verzeichnen haben. Der Übergang von ISAF zu RSM ist in vollem Gang, die notwendige Truppenstärke durch die Partnernationen ist aber noch nicht erreicht.

Im Feldlager Qasaba mitten in Kabul machen wir uns einen Eindruck über die Arbeits- und Lebensumstände der dort auf engstem Raum stationierten 120 Soldatinnen und Soldaten. Allein die Sicherheitsvorkehrungen sind, wie ich finde, bedrückend. Einige Soldaten klagen über Probleme bei der Zustellung von Post – dem werden wir nachgehen. Oberst i.G. Oestermann, Chef der deutschen Kräfte in Kabul, hat ein konkretes Projekt mit einem benachbarten Kindergarten im Auge. Dieser Kindergarten ist nicht zu vergleichen mit unseren Standards: Das Dach ist undicht, die hygienischen Bedingungen sind miserabel, außerdem fehlen Kochutensilien und Spielzeug.  Die Kollegin Weber und ich sagen ihm Unterstützung zu.

Es schließen sich zwei Gesprächsrunden in der Botschaft an. Eine Gruppe Young Leaders unter Federführung der Friedrich-Ebert-Stiftung kommt zum Gespräch. Eine breite Palette von Themen steht an. Immer wieder wird die hohe Bedeutung der Bekämpfung von Korruption betont, um das Vertrauen der Bevölkerung in ihren jungen afghanischen Staat zu festigen. Der Kampf gegen die Taliban, die doch in einigen Provinzen die bestimmende Kraft geworden sind, ist natürlich auch eine Frage eben dieses Vertrauens in den Staat. Mein Eindruck ist, dass die Städte mit ihren Bildungseinrichtungen, den Hochschulen und den jungen Menschen der Motor der Entwicklung sind. Aber auch sie sagen, ohne Sicherheit wird es nicht gelingen. Eine große Aufgabe für die Armee! Und sie sprechen deutlich aus, dass die Jugend an politischen Entscheidungen nicht ausreichend beteiligt wird. Jüngstes Beispiel: Junge Afghanen führen den Wahlkampf, werden aber in der Regierungsbildung nicht beteiligt. Altbekannte Politiker profitieren wieder. Erfolgreich waren sie aber bei den parallel durchgeführten Provinzratswahlen. Die wenigen jungen Kandidaten sind überdurchschnittlich häufig in die Provinzräte gewählt worden.

Im Gespräch mit Parlamentarierinnen und Parlamentariern wird dieser Eindruck bestätigt. 90 Prozent der Bevölkerung befürwortet den eingeschlagenen Weg. Unabhängig von der statistischen Richtigkeit ist dieses positive Gefühl wichtig. Eine wachsende Rolle spielen die Frauen. Dass Präsident Ghani seine Frau, die aktiv in der Politik engagiert ist, so deutlich in den Vordergrund gestellt hat, macht vielen Frauen Mut. Vor einem Jahr noch bestand die reale Befürchtung, dass die Rechte der Frauen aus der Verfassung gestrichen werden.

Immer wieder wird die positive Wirkung der Deutschen in Afghanistan betont. Der Ansatz, Hilfen zur Stärkung der Afghanen, ihr Land selbst in den Griff zu kriegen, ist besser und wirksamer, als `Heilsbotschaften´ zu verkünden.

Der Abend endet mit einem Essen in der Deutschen Botschaft. Hier treffen wir auf einzelne Personen, die sich für den zivilen Aufbau des Landes engagieren. Die Frauenrechts- und Hilfsorganisation medica mondiale, die Anti-Korruptionsorganisation MEC (The Independent Joint Anti-Corruption Monitoring and Evaluation Committee), die Menschenrechtskommission AIHCR (Afghanistan Independent Human Rights Commission) sowie das afghanische Tribal Liaison Office sind vertreten. Sie alle bringen ihre hohen Erwartungen an den politischen Prozess nach den Präsidentschaftswahlen zum Ausdruck. Auch hier machen wir deutlich, dass wir einen – mindestens eine Generation umfassenden – Einsatz der internationalen Allianz in Afghanistan für notwendig halten. Wir dürfen und können die in uns gesetzte Hoffnung nicht enttäuschen!

Da wir mit Sack und Pack in die Botschaft eingezogen sind, wird hier auch genächtigt. Vom Licht abgeschirmt -wegen der Sicherheit versteht sich –  beziehen wir unser Quartier und gehen nach einem anstrengenden Tag schnell schlafen.

Tag 3, Donnerstag, 30.10.2014

Nach einem kurzen Frühstück geht es wieder in Helm und Schutzweste zum Flughafen und per C160 Transall zurück nach Mazar-E-Sharif.

Dort gibt es eingangs ein umfangreiches Briefing zur Lage der afghanischen Ortskräfte, die für die Bundeswehr oder deutsche Entwicklungsorganisationen tätig sind. In der Presse in Deutschland ist oft über die Bedrohungen berichtet worden. Auch im Verteidigungsausschuss war dies oft Thema. Wir haben immer wieder die rigide Praxis des Innenministeriums kritisiert. Es kann nicht sein, dass wir die, die uns helfen, der Gefahr ausgesetzt lassen. Der Bericht durch Vertreter der Bundeswehr und des Konsulats hat uns dann aber gezeigt, dass sich in der Praxis viel geändert hat. Nach wie vor gilt außerdem der Grundsatz: In dubio pro reo. Dies beruhigt doch etwas.

Eine neue Erfahrung steht bevor. Mit dem  Hubschrauber (CH53) fliegen wir in das Hochplateau zum dortigen Camp Shaheen. In dem Safe Haven werden zukünftig die Beratungs- und Ausbildungs-Teams für die afghanischen Soldaten eingeflogen, begleitet von einem Force Protection Team, das sich aus Soldatinnen und Soldaten aus Ungarn, Litauen, Georgien, Italien und Deutschland zusammensetzt. Ein komplettes Camp ist hier aufgebaut. Die überzeugende Lagerstruktur trägt die Handschrift deutscher Logistiker. Es sind noch nicht alle Gebäude bezogen. In den Gebäuden, die bereits belegt ist, scheint Waschtag zu sein. An Zäunen und anderen Einrichtungen hängen frisch gewaschene afghanische Uniformen.

Nach dem Rückflug erfahren wir noch eine umfangreiche Lagebesprechung im Camp Marmal. Die politische Lage, die Vorbereitung der Folgemission RSM und die Sicherheitsfragen bestimmen die Gespräche. In einer Runde mit den Soldatinnen und Soldaten werden auch die Schwierigkeiten der Vorbereitung des Einsatzes angesprochen. Es ist halt schon jetzt kein Kampfeinsatz mehr, sondern ein Übergang zur Folgemission. Da kann man was verändern!

Auf der Infanterieplatte wird uns die technische Ausstattung vom System Infanterist der Zukunft (IdZ) bis hin zu Bergegerät und dem MedEvac im Boxer gezeigt. Interessant ist die multinationale Zusammensetzung der Force Protection Teams. Probleme bei der verbalen Verständigung, der Kommunikations- wie der Führungssysteme zeigen die Defizite, an denen zukünftig intensiv gearbeitet werden muss. Mindestens Englisch als gemeinsame Sprache und NATO-Standards in der Führung müssen stärker geübt werden –und zwar vorher und nicht im Einsatz!

Noch einmal neue und interessante Eindrücke bringen der Besuch des Armic, eines von den afghanischen Streitkräften unterhaltenen Medien- und Informationszentrums für den Norden in MES. Es ist beeindruckend, welche Bandbreite die (vor allem jungen) Frauen in diesem Medien- und Informationszentrum leisten: Berichterstatter für das Radio vor Ort (auch bei Einsätzen der Armee),  Informationen über Gesundheit, Soziales und Bildung, Verteilung von Piktogrammen zu Verkehrsregeln, Betreuung eines Internet-Auftrittes sowie eines lokalen Fernsehsenders, bis hin zur Verteilung von kurbelbetriebenen Radios und Solarzellen in den Dörfern. All das mit Hilfe eines Berater-Teams der Bundeswehr, dem man deutlich anmerkt, mit welchem Enthusiasmus hier Hilfe zum Aufbau eines Medienzentrums geleistet wird. Über diesen Ort wird per Information und Wissensvermittlung Zivilgesellschaft aufgebaut und stabilisiert. Hochachtung, eine beeindruckende Leistung!

Kurzfristig wird ein Besuch bei der Abteilung eingeschoben, die den Einsatz der Drohnen organisiert und die Auswertung des so gewonnenen Bildmaterials vornimmt. Letzteres wird dann an die sich im Einsatz befindenden afghanischen Kräfte weitergegeben. In Echtzeit können wir einen Einsatz verfolgen, bei dem in der Dunkelheit über Infrarot Bewegungen am Boden aus einer Höhe von vier Kilometern in exakten scharfen Mustern abgebildet werden. Die hochauflösende Technik macht eine differenzierte Lagebewertung möglich. Aber es muss immer klar sein, dass die optimale technische Ausstattung einem konkreten Einsatzziel dient, d.h. die Einsatzregeln müssen klar definiert sein.

Tag 4, Freitag, 31.10.2014

Die Abreise naht. Zuvor aber stehen noch Gespräche mit den Feldwebeln, der psychologischen Truppenbetreuung und den Seelsorgern beider Kirchen und den Vertrauenspersonen an. Anschließend geben wir ein Interview für Radio Andernach, dem Radiosender der Bundeswehr, der auch an den anderen Einsatzorten, z.B. im Kosovo, empfangen wird.

In diesen letzten Runden wird noch mal die Belastung deutlich, die auf die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz wirkt. Mein in den laufenden Haushaltsberatungen eingebrachter Vorschlag, bei der Vor- und Nachbereitung der Einsätze jeweils auch die gesamte Familie einzubeziehen, trifft auf große Zustimmung. Oft sind es auch die Ehemänner und -frauen, die Kinder und Eltern, die Lebenspartner, die unter der Belastung der Trennung und Ungewissheit leiden. Darum muss sich der Arbeitgeber Bundeswehr kümmern; und wir Parlamentarier als Auftraggeber und Verantwortliche ebenso. Dies gilt in besonderem Maße für die von PTBS Betroffenen (PTBS = Posttraumatische Belastungsstörungen).

Tag 5, Sonnabend, 1. November 2014

Beim Abschlussgespräch mit Brigadegeneral Gante lassen wir noch mal ein wirklich eindrucksvolles, anstrengendes, informatives Programm Revue passieren. Einige Arbeitsaufträge nehmen wir mit nach Hause, andere haben wir bereits abgearbeitet (z.B. bleibt das schwerer geschützte Fahrzeug Fennek vor Ort, um die Advisoring Teams der Bundeswehr sicher zu transportieren). Wir konnten uns auch ein Bild davon machen, dass bereits die Struktur für die Folgemission eingenommen ist. Die Bedenken, dass eine Obergrenze von 800 Soldatinnen und Soldaten für diese Mission zu knapp bemessen sein könnte, haben wir bereits erfolgreich in die Bundespolitik eingebracht (Die Zahl ist nun auf 850 heraufgesetzt worden.)

Nach einem langen Rückflug, wieder gemeinsam mit Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, treffen wir in Köln-Wahn ein. Uns erwartet ein grandioser Empfang. „Papa, schön, dass du wieder da bist“ – steht da auf einem Transparent. Kinder fallen Soldaten in Uniform um den Hals, Tränen der Freude stehen jungen Frauen und Männern in den Augen, eine Soldatin wird von zwei großen Hunden vor Freude umgeworfen. Eine solche – im wörtlichen Sinne – umwerfende Stimmung und Atmosphäre habe ich schon lange nicht mehr gespürt. Ich nehme meinen Koffer und gehe zur Seite, da stehe ich nur im Weg. Immer wieder hörte ich in den letzten Tagen, der Kontingentwechsel stehe an, eine Woche noch, zwei Tage noch. Wir wollen nach Hause – nach vier Monaten oder auch mehr. Und dass die Soldatinnen und Soldaten diesen Moment gesund und wohlbehalten erleben können, auch das liegt in unserer politischen Verantwortung. Ich steige in mein Auto, lasse Köln-Wahn hinter mir und freue mich darauf, dass ich meine Lieben wieder in die Arme schließen kann. Auch das ist meine Verantwortung!